Bewegungs- und Gesundheitsförderung Nr. 27 / Dezember 2025 BEWEGUNGSMEDIZIN Fachthema: Ausdauertraining im Gesundheitssport Aus der Physiotherapie: Signaltransduktion statt Superkompensation SFGV – Aktuell: SwissSkills 2025 – Ein Rückblick auf den Grossevent in Bern SAVE THE DATE GesundheitsTag 2026 Freitag, 29. Mai 2026 Kursaal Bern#letsmoveforabetterworld Mehr entdecken CARDIO KRAFT GLEICHGEWICHT BEWEGLICHKEIT KÖRPERZUSAMMENSETZUNG GEIST OPTIMIEREN SIE IHRE ARBEITSABLÄUFE UND MACHEN SIE PATIENTEN ZU KUNDEN. FÜR IHR UNTERNEHMEN: HERVORRAGENDE ERGEBNISSE – LANGFRISTIGE GESÜNDERE VERHALTENSWEISEN – STETIGE FORTSCHRITTE FÜR IHRE KUNDEN: Technogym Checkup, das umfassendste KI-gestützte Tool für die universelle Bewertung. Es kombiniert Messungen zu Körperzusammensetzung, Beweglichkeit, Gleichgewicht und geistigen Fähigkeiten, um das Wellness-Alter Ihrer Kunden zu berechnen und unterstützt Sie mit dem Technogym AI Coach dabei, ihnen die ideale Behandlung zukommen zu lassen. TECHNOGYM CHECKUP WELLNESS AGE™ ASSESSMENT ANZEIGEInhalt Inserate Claude Ammann, c.ammann@sfgv.ch, 079 478 12 63 Urs Rüegsegger, u.ruegsegger@sfgv.ch, 079 743 89 58 Roland Steiner, r.steiner@sfgv.ch, 043 388 41 44 Koordination Joerg Kressig Auflage 3700 Exemplare Korrektorat / Lektorat Ursula Thüler «Bewegungsmedizin» Die Fachzeitschrift mit Brancheninformationen für Einzelunternehmen der Fitness- und Bewegungsbranche Herausgeber Schweizerischer Fitness- und Gesundheitscenter Verband SFGV Arbeitgeberverband für Einzel-Fitnesscenter-Unternehmungen Geschäftsstelle, 3000 Bern Redaktion Claude Ammann, Anya Aubert, Irene Berger, Kilian Käppeli, Urs Rüegsegger, Roland Steiner, Thomas Tholey Chefredaktion André Tummer Produktion DIVERSUM Verlag Redaktionsadresse Schweizerischer Fitness- und Gesundheitscenter Verband SFGV Geschäftsstelle, 3000 Bern – a.tummer@sfgv.ch, Telefon 0848 893 802 Editorial 5 Fachliche Informationen Bewegungs- und Gesundheitsförderung Ausdauertraining im Gesundheitssport 6 Erweiterte Nutzung ermittelter T estdaten im Ausdauerbereich – Teil 1 16 Erfolgreiche Umsetzung der SFGV-Tools Interview mit Joachim Preisig vom «Airport Fitness und Wellness» in Kloten ZH 26 Berufsbild: Aus- und Weiterbildung / Bewegungs- und Gesundheitsförderung Berufsbildnertagung 2025: Gemeinsam in die Zukunft der Ausbildung 28 SwissSkills 2025 30 Prüfungsbester der Deutschschweiz – im Gespräch mit Patrick Gysler vom «Seuzifit» 34 Die wertvolle Arbeit des Expertenteams an den SwissSkills 2025 38 Aus der Physiotherapie Superkompensation – Trainingsanpassung neu denken 40 SFGV – Aktuell Berufslehre und Ferien – ein Streitgespräch in Basel 44 20 Jahre Mountain Move 48 «GESUND UND FIT» – ein Magazin, das Lust auf Veränderung macht 50 Schlussspurt für die Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master» 52 SFGV – Fitness-Guide und Jobplattform Im Gespräch mit Andy Trost vom «Fitnesscenter Goodfit» in Niederrohrdorf AG 54 Buchtipp Organisch 56 Ganz persönlich Besuch bei Jerry de Vries im «Ambafit» in Gümligen bei Bern 58 Zehn Fragen an Urs Furrer 60 Die Seiten unserer Partner 62 SFGV im Überblick Neue Mitglieder 77 Organisationsstruktur und Dienstleistungen des SFGV 78 Design / Prepresse Astrid AffolterUPPER BODY Matrix - Johnson Health Tech. GmbH | Europaallee 51 | 50226 Frechen | Tel: +49 (0) 2234 9997 100 Johnson Health Tech. (Schweiz) GmbH | Riedthofstr. 214 | CH-8105 Regensdorf | Tel: +41 (0) 44 843 30 30 Zweigniederlassung Österreich | Mariahilfer Straße 123/3 | A-1060 Wien | Tel:+43 (0) 664 23 506 97 | matrixfi tness.eu Das Upper Body Cycle ist die perfekte Lösung für Fitnessstudios, Reha- und Physiotherapie-Praxen, die ihren Mitgliedern und Patienten eine ganzheitliche Trainingsmöglichkeit bieten möchten. Ob im Stehen, Sitzen oder direkt vom Rollstuhl aus – das Gerät lässt sich individuell anpassen und fördert Ausdauer, Kraft und Koordination, selbst bei eingeschränkter Mobilität. Dank höhenverstellbarer Kurbeleinheit und der Möglichkeit, die Kurbeln synchron oder unabhängig voneinander rotieren zu lassen, erlaubt das Upper Body Cycle ein abwechslungsreiches und eff ektives Training. Für weitere Infos QR-Code scannen TRAINING FOR BODY ANZEIGELiebe Leserin, lieber Leser Die digitale Entwicklung schreitet im Eiltempo voran. Technolo- gien, die gestern noch Zukunftsvision waren, sind heute schon Alltag. Der Übergang vom Industriezeitalter zum digitalen Zeit- alter ist einer der tiefgreifendsten Umbrüche in der Geschichte der Menschheit. Doch so rasant diese Entwicklung verläuft, so langsam läuft die Entwicklung unseres Bildungssystems. Während sich die Kompetenzen im Beruf fast im Jahrestakt verändern, tuckert das Bildungssystem gemütlich im Schneckentempo hinterher. Politische Abstimmungen, föderale Strukturen, Ressour- cenmangel, Lehrkräftemangel und die Angst, neue Wege zu ge- hen, lähmen das System «Bildung». Statt Kompetenzen zu leh- ren, die unsere junge Generation auf die Anforderungen des Lebens vorbereiten, wird nach wie vor nach Lehrplänen unter- richtet, die noch von Wilhelm von Humboldt im 19. Jahrhundert persönlich geschrieben sein könnten. Zwar können wir dann den Satz den Pythagoras fehlerfrei anwenden, sind in der Lage, die zehn längsten Flüsse der Welt auf Knopfdruck beim Namen zu nennen und wissen ganz bestimmt auch, wann Karl der Grosse römisch-deutscher Kaiser war. Wir haben jedoch nie gelernt, wie man eine Steuererklä- rung ausfüllt oder generell sinnvoll mit Geld umgeht. Wir wissen auch nicht, wie wir mit der Informationsflut der sozialen Medien konstruktiv umgehen können. Wie Teamarbeit wirklich funktio- niert und welche Soft Skills man für eine gelungene Kommuni- kation benötigt, wurde uns ebenfalls nie beigebracht. Was in der Schule beginnt, geht anschliessend im Studium weiter. Wir werden mit theoretischem Wissen überladen und nennen das «Bildung». Die Bologna-Reform mit ihrer Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse ist genau das Gegenteil von dem, was man früher unter «Studieren» verstand: Kreativi- tät, «Querdenken», neue Wege gehen. Es zählt nur noch das Sammeln von ECTS-Punkten und Modulabschlüssen. Wissen top, Anwendung flop. «Diese Entwicklung wird zusätzlich durch die starke Aus- weitung des Onlineunterrichts verstärkt, oft ohne zu reflek- tieren, ob dabei nicht entschei- dende Handlungskompetenzen auf der Strecke bleiben, die nur in direkter, persönlicher Inter- aktion erworben und gefestigt werden können.» Parallel zu dieser Entwick- lung höre ich in unserer Branche immer wieder, dass die geforder- ten 5000 Stunden Berufspraxis, die für die Zulassung zur eidg. Fachausweisprüfung notwendig sind, viel zu viel seien. Es ent- steht der Eindruck, dass die Arbeit im Betrieb eher als notwendi- ges Übel angesehen wird und die Ausbildung in der Schule statt- findet. Das Gegenteil ist der Fall, denn Handlungskompetenzen erwirbt man in erster Linie durch häufiges Wiederholen. Nur wer bereits Hunderte von Trainings mit unterschiedlichen Menschen absolviert hat, wer diverse Beschwerdebilder tatsächlich gesehen und seine Planung darauf abgestimmt hat, nur wer in Tausenden von Gesprächen die Reaktion des Gegenübers erlebt hat, wird ir- gendwann durch den erworbenen Erfahrungsschatz wirklich kompetent sein. Deshalb gibt es für Qualität keine Abkürzung. Wir können das bestehende Bildungssystem nicht so schnell umkrempeln, aber wir haben direkten Einfluss darauf, was in unseren Betrieben passiert. Hier sind wir alle gefragt. Vielleicht reflektieren Sie zur Jahreswende einmal darüber, wie die betriebliche Bildung in Ihrem Unternehmen aussieht. André Tummer Chefredaktor PS: Denken Sie daran, sich schon einmal das Datum unseres nächsten GesundheitsTages im Kursaal Bern zu notieren: den 29. Mai 2026. Wir freuen uns, Sie dort zu begrüssen. Editorial Von Wissensriesen und Umsetzungszwergen Bewegungsmedizin – Nr. 27 / Dezember 2025 5Ausdauertraining im Gesundheitssport Fachliche Informationen Bewegungs- und Gesundheitsförderung Bewegungsmedizin – Nr. 27 / Dezember 2025 6Definition von Gesundheitssport Gesundheitssport beinhaltet die im Sinne eines Trainings konse- quent durchgeführten körperli- chen Aktivitäten, die bewusst auf die Festigung der Gesund- heit gerichtet sind. Dabei kann es sich sowohl um präventive als auch um therapeutische oder re- habilitative Massnahmen handeln. In Abgrenzung zum Breiten- und zum Leistungssport werden im Gesundheitssport keine Wettkämpfe bestritten und es wird auch nicht nach überdurch- schnittlich hoher persönlicher Leistungsfähigkeit gestrebt. Der Nutzen des gesundheitsorientierten Trainings ist aus präventiver, therapeutischer oder rehabilitativer Sicht darin er- sichtlich, dass andere berufs- , alltags- oder freizeitbezogene Ak- tivitäten – gerade mit zunehmendem Alter – weiterhin ohne Be- schwerden und mit Freude durchgeführt werden können. Es soll dazu beitragen, die Gesundheitspanne des Lebens zu verlängern und den altersbedingten Rückgang der körperlichen und geisti- gen Leistungsfähigkeit zu verlangsamen. In einem gesundheitsorientierten Fitnesscenter wird sich der Hauptteil der Kundschaft dem Gesundheitssport widmen. Breiten- und Leistungssportler in den gesundheitsorientierten Fitnesscentern stellen die Minderheit dar. Die Definition dieser Zielgruppe ist von höchster Bedeu- tung, denn alle Trainingsmassnahmen, begonnen bei den gewähl- ten Trainingsmethoden bis hin zur Auswahl der Trainingsübungen und der eingesetzten Trainingsmittel, müssen sich auf die Ziel- gruppe beziehen. Bildhaft gesprochen: Unsere Gesundheitsex- perten müssen in die richtige «Werkzeugkiste» greifen, um einen Gesundheitssportler zu coachen und dürfen nicht Werkzeuge nutzen, die eigentlich aus der Kiste des Breiten- und Leistungs- sports stammen. Leider passiert dies aber nur zu oft. Was nützt es, sich in der Trainingsplanung über das Prinzip des «optimalen Wechsels von Belastung und Erholung» Gedanken zu machen, wenn die zu trainierende Person schon Mühe hat, wenigstens einmal pro Woche ins Center zu kommen? Wieso werden immer noch Prinzipien wie das der «Superkompensation» gelehrt, obwohl sie längst überholt sind und in der gesundheits- orientierten Anwendung keinen Sinn haben, weil Häufigkeit, Dau- er und Intensität des Trainings diesen Mechanismus gar nicht auslösen? Lesen Sie mehr zu diesem Thema im Artikel «Von der Superkompensation zur Signaltransduktion» von Stefano Limone ab Seite 40. Viele der im Breiten- und Leistungssport angewandten Prinzipien haben das Ziel, am Tag X eine möglichst hohe Leistung abrufen zu können. Deshalb gibt es die Periodisierung, deshalb plant man in Mikro- und Makrozyklen. All das ist im Gesund- heitssport nicht relevant. Dieser Artikel soll die Umsetzung des Ausdauertrainings im Gesundheitssport kritisch beleuchten. Wir möchten keine Patentrezepte geben, sondern eher zur Diskussion unter gesundheitsorientierten Fitnesscentern anregen. André Tummer Bewegungsmedizin – Nr. 27 / Dezember 2025 7Fachliche Informationen Bewegungs- und Gesundheitsförderung Noch mehr für Verwirrung sorgen Norm- und Referenz- werte aus Leistungstests. Ein Beispiel: Im Radsport ist die soge- nannte «Functional Threshold Power» (FTP) die Kennzahl für aero- be Leistungsfähigkeit. Sie drückt aus, wie viel Watt pro Kilogramm Körpergewicht über 60 Minuten gehalten werden können. Will man den ermittelten Wert vergleichen und einschätzen findet man folgende Angaben: Ein 75 kg schwerer Man müsste also 210 Watt, eine 65 kg schwere Frau 150 Watt über eine Stunde fahren können, um sich überhaupt in dieser Tabelle wiederzufinden. Selbst wenn man nach altersabhängigen Vergleichswerten sucht, sind diese Leis- tungen von Gesundheitsportlern kaum zu erreichen. Referenz- und Normwerte entstehen dort, wo am meisten gemessen wird, und das ist nun mal im Leistungssport. Einfach von der Weltklasse auszugehen und dann prozentuale Abstriche zu machen ist unsinnig, denn Gesundheitssport ist nicht Leis- tungssport auf einem niedrigen Niveau . Aber auch die in unserer Berufslehre vermittelten und in den Prüfungen geforderten Ausdauertests haben ihre Grenzen. Sicherlich ist es richtig, dass Conconi-, Astrand- und PWC-Tests einfach durchzuführende Verfahren sind, anhand derer unsere Lernenden ein Grundwissen erhalten und in der Testausführung Routine entwickeln können. Dies ist der primäre Grund, warum die Tests als Lernziele in der Ausbildung definiert sind und wes- halb wir in der Lehre auch weiterhin daran festhalten, dass diese Tests wichtig sind, denn ihre Durchführung braucht Übung. Wer keine einfachen Tests standarisiert durchführen kann, ist im späteren Verlauf mit komplexeren Testabläufen überfordert. Wie aber steht es wirklich mit der Aussagekraft der Test- ergebnisse? Welchen Nutzen haben die Kundinnen und Kunden tatsächlich und warum werden vielerorts die Tests im Center eben nicht dauerhaft durchgeführt? Vergleichswerte FTP in Watt / kg bezogen auf 60 min Dauerlauerleistung MännerFrauen Weltklasse (Profi)5.8–6.5 (+)5.0–5.8 (+) Elite-Amateur 5.0–5.84.2–5.0 Sehr gut (Kat. 1–2)4.2–5.03.7–4.2 Fortgeschritten3.5–4.23.0–3.7 Durchschnittlich2.8–3.52.3–3.0 Anfänger< 2.8< 2.3 Altersabhängige durchschnittliche FTP (Männer) AlterAnfängerDurchschnittFortgeschrittenElite 20–29< 2.52.5–3.53.5–4.54.5–5.5+ 30–39 < 2.42.4–3.43.4–4.34.3–5.3+ 40–49< 2.32.3–3.23.2–4.04.0–5.0+ 50–59< 2.22.2–3.03.0–3.83.8–4.7+ 60–69 < 2.02.0–2.82.8–3.53.5–4.3+ 70 +< 1.81.8–2.52.5–3.23.2–4.0+ Altersabhängige durchschnittliche FTP (Frauen) AlterAnfängerDurchschnittFortgeschrittenElite 20–29< 2.02.0–3.03.0–4.04.0–5.0+ 30–39< 1.91.9–2.92.9–3.83.8–4.8+ 40–49< 1.81.8–2.82.8–3.63.6–4.5+ 50–59 < 1.71.7–2.62.6–3.43.4–4.3+ 60–69< 1.51.5–2.32.3–3.03.0–4.0+ 70 +< 1.31.3–2.02.0–2.72.7–3.5+ Leistungssport und Gesundheitssport haben keine Gemeinsamkeiten. Bewegungsmedizin – Nr. 27 / Dezember 2025 8Beleuchten wir beispielsweise den PWC-Test. «PWC» steht für die «Physical Working Capacity». Der Test misst, welche Watt- leistung auf einem Fahrradergometer bei einer zuvor definierten Herzfrequenz erbracht werden kann (PWC 130, PWC 150 oder PWC 170). Historisch wird die Einführung der PWC auf WAHLUND zurückgeführt, der 1948 (!) erste Untersuchungen – damals noch für die sogenannte Sport- und Arbeitsmedizin – durchführte. Der Test wurde zu jener Zeit noch als Stufentest absolviert, bei dem die Probanden eine Pulsfrequenz von mindestens 170 erreichen mussten und somit ein Ausbelastungstest angestrebt wurde. WAHLUND liess 6.5 Minutenstufen fahren und steigerte jeweils um 50 Watt pro Stufe. Die Wattleistung bei Abbruch wur- de als maximale Arbeitskapazität (PWC) definiert. Zu bedenken ist, dass die Ergebnisse durch Interpolation geschätzt werden: PWC 150 = (W2 – W1): (HF2 – HF 1) x (150 – HF1) + W 1 Allerdings schrieb WAHLUND bereits: «Die einzige Mög- lichkeit, Schlussfolgerungen aus einer leichten Belastung zu ziehen, basiert auf der Annahme, dass alle Individuen hinsicht- lich des Anstiegs von Pulsfrequenzen und Atemfrequenzen gleich artig reagieren (...), indessen dies ist weit entfernt von der Wirklichkeit». Da damals eine EKG-genaue Messung noch nicht möglich war, blieb nur die Möglichkeit, Messwerte bei definier- ten Stufen zu notieren und die Werte dazwischen linear zu interpolieren. Die heutigen Referenzwerte gehen eher auf die Untersu- chungen von ROST und HOLLMANN aus dem Jahr 1982 zurück, die in ihren Testreihen bereits deutlich niedrigere Ergebnisse er- zielt haben. Deren Normwerte werden aber heute immer noch in der Literatur verwendet. Auch wenn der Begriff «Physical Working Capacity» auf eine allgemeine Ausdauerleistung schliessen lässt, ist der Test eben doch ein radspezifischer Test. In den Zeiten, in denen der PWC-Test entstand, waren leistungsdiagnostische Labore noch nicht so ausgestattet wie heute. Die allermeisten Tests fanden auf dem Fahrergometer statt. Auch heute noch werden Personen, die beim Kardiologen einen «Belastungscheck» machen, auf ei- nem Velo getestet – was im klinischen Setting aufgrund der ge- ringeren orthopädischen Belastung auch sinnvoll ist. Somit kann es sein, dass der limitierende Faktor beim PWC-Test nicht kardio- vaskulärer oder ventilatorischer Art ist, sondern schlichtweg die radspezifische Kraft. Auch dass kaum nachvollziehbar ist, woher die Referenz- werte des PWC-Tests stammen, darf kritisch betrachtet wer- den. Da die Arbeit von Rost, Hollman et al. aber am Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Sporthochschule Köln erstellt wurde, ist davon auszugehen, dass die meisten Daten aus dem studentischen Umfeld stammen, also in der Re- gel von gut trainierten jungen Sportstudentinnen und Sport- studenten. (Anmerkung: Da ich selbst zu jener Zeit an der Sporthochschule Köln studiert habe, nahm ich auch an solchen Tests in Seminaren der Sportmedizin teil und ersparte mir so- mit eine Hausarbeit ). Ebenfalls ist zu bedenken, dass es den «Gesundheitssport», wie wir in heute kennen, in den 1980er-Jahren noch nicht in die- sem Ausmass gab. Der PWC-Test wurde dementsprechend nicht für den Gesundheitssport entwickelt, sondern für den Freizeit- und Breitensport. Zu guter Letzt muss auch berücksichtigt werden, dass die durchschnittliche Fitness der Bevölkerung in den letzten 40–50 Jahren durch die zunehmende Technisierung und Digitali- sierung abgenommen hat und die damals erstellten Normwerte heute nicht mehr greifen. Welche gesundheitsbezogenen Parameter sind im Ausdauertraining wichtig? Statt Vergleichswerte von der Extremleistung abzuleiten oder uns auf «veraltete» Testverfahren aus dem Freizeit- und Breitensport zu fokussieren, sollten wir uns im Gesundheitssport eher mit dem anderen Ende der Skala befassen: Wo liegen bei gesundheits- relevanten physiologischen Kennwerten die klinischen Grenzen? Ab wo entsteht ein erhöhtes Gesundheitsrisiko? Welche Werte Normwerte für die PWC in Watt / kg / KG (mittlere Streubreite +/- 0,4 Watt) MännerFrauen PWC 1301.51.25 PWC 1502.01.6 PWC 1702.52.0 1 W = Leistung / Watt, HF = Herzfrequenz 9 Bewegungsmedizin – Nr. 27 / Dezember 2025Next >