Bewegungs- und Gesundheitsförderung Nr. 26 / September 2025 BEWEGUNGSMEDIZIN Fachthema: Training mit Diabetes mellitus Aus der Physiotherapie: Fitnesstraining bei Diabetes mellitus aus physiotherapeutischer Sicht SFGV – Aktuell: Erster Erfolg bei den Kommissionsgebühren Schweizweit trainieren: Kostenloses Gasttraining an 300 zertifizierten Standorten!ANZEIGEInhalt Inserate Claude Ammann, c.ammann@sfgv.ch, 079 478 12 63 Urs Rüegsegger, u.ruegsegger@sfgv.ch, 079 743 89 58 Roland Steiner, r.steiner@sfgv.ch, 043 388 41 44 Koordination Joerg Kressig Auflage 3700 Exemplare Korrektorat / Lektorat Ursula Thüler «Bewegungsmedizin» Die Fachzeitschrift mit Brancheninformationen für Einzelunternehmen der Fitness- und Bewegungsbranche Herausgeber Schweizerischer Fitness- und Gesundheitscenter Verband SFGV Arbeitgeberverband für Einzel-Fitnesscenter-Unternehmungen Geschäftsstelle, 3000 Bern Redaktion Claude Ammann, Anya Aubert, Irene Berger, Kilian Käppeli, Urs Rüegsegger, Roland Steiner, Thomas Tholey Chefredaktion André Tummer Produktion DIVERSUM Verlag Redaktionsadresse Schweizerischer Fitness- und Gesundheitscenter Verband SFGV Geschäftsstelle, 3000 Bern – a.tummer@sfgv.ch, Telefon 0848 893 802 Editorial 5 Fachliche Informationen Bewegungs- und Gesundheitsförderung Training mit Diabetes mellitus 6 Erfolgreiche Umsetzung der SFGV-Tools Warum FITWORX? 16 Berufsbild: Aus- und Weiterbildung / Bewegungs- und Gesundheitsförderung Lehrabschlussfeier auf dem Zürichsee 18 Braucht unsere Branche die Titel «Professional Bachelor» und «Professional Master»? 20 EFZ Revision: Zwischenstand 24 Die zehn besten Lernenden der Fitness branche kämpfen um den Sieg 26 Aus der Physiotherapie Fitnesstraining bei Diabetes mellitus aus physiotherapeutischer Sicht 28 SFGV – Aktuell Streit um die Kommissionsgebühren 36 GesundheitsTag 2025 – ein Dank an unsere Partner 40 Gewinnen Sie neue Kundinnen und Kunden! 44 SFGV – Fitness-Guide und Jobplattform Interview mit Chris Schwarzenberger vom «WOW! Fitness» in Kleinandelfingen ZH 46 Buchtipp Training im Alterungsprozess – gesund und leistungsfähig bleiben 48 Ganz persönlich Zehn Fragen an Abt Urban Federer 50 Die Seiten unserer Partner 52 SFGV im Überblick Neue Mitglieder 68 Organisationsstruktur und Dienstleistungen des SFGV 70 Design / Prepresse Astrid AffolterAN EXPERIENCE FOR THE SENSES | matrixfi tness.eu Johnson Health Tech. GmbH | Europaallee 51 | D-50226 Frechen | Tel: +49 (0)2234 9997 100 Johnson Health Tech. (Schweiz) GmbH | Riedthofstr. 214 | CH-8105 Regensdorf | Tel: +41 (0) 44 843 30 30 Zweigniederlassung Österreich | Mariahilfer Straße 123/3 | A-1060 Wien | Tel:+43 (0) 664 23 506 97 Bewegungsmedizin – Nr. 26 / September 2025 ANZEIGELiebe Leserin, lieber Leser Kürzlich bin ich auf eine Studie von Prof. Michael Snyder gestos- sen, die im August 2024 in der Zeitschrift «Stanford Medicine» beschrieben wurde. Snyder entdeckte in seinen Untersuchungen, dass es zwei grosse biomolekulare Änderungen in unseren Zellen gibt – eine im Alter von ca. 44 Jahren und eine zweite im Alter von rund 60 Jahren. Die Forschenden untersuchten zunächst das Mikrobiom bei mehr als 4000 Personen zwischen 25 und 75 Jahren. Dabei zeigte sich, dass gerade bei den für unsere Gesundheit lebens- notwendigen Bakterien, Viren und Pilzen in den genannten Altersphasen markante Rückgänge auftraten. Inspiriert durch diese Feststellung wurden im Verlauf meh- rerer Jahre verschiedene weitere molekulare Marker untersucht, die das Risiko von altersbedingten Erkrankungen wie Herz-Kreis- lauf-Erkrankungen, Alzheimer / Demenz, Stoffwechselstörungen und die Schwächung des Immunsystems erhöhen. Auch hier fanden die Forschenden grosse Veränderungen in den erwähnten Alterszonen. Diese wellenförmigen Modulationen korrelieren aus- serdem mit der Abnahme der Muskelmasse und der Reduktion der maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung, dass wir linear altern, also jedes Jahr ein kleines Stück älter werden, scheint es – analog zu den Wachstumsschüben in bestimmten Zeit- abschnitten in unserer Jugend – auch Alterungsschübe zu ge- ben. Vergleicht man nun noch den Aktivitätsgrad in den unter- schiedlichen Altersgruppen einer Bevölkerung mit diesen Alterszonen, dann fällt auf, dass gerade in der Altersgruppe zwischen 40 und 60 Jahren die geringsten sportlichen Aktivi- täten zu verzeichnen sind, weil Beruf, Karriere und Familie in dieser Zeitspanne am meisten abverlangen. «Gesundheitsmarker» werden immer in Normbereichen «von … bis» angegeben. Es liegt auf der Hand, dass Personen, die sich durch einen gesundheitsrisikoreichen Lebensstil eher an der unteren Grenze dieser Normwerte befinden, bei den genannten Alterungsschüben die empfohlene Norm rasch unterschreiten können und das Erkrankungsrisiko steigt. Somit entscheidet unser Lebensstil im «mittleren Alter» zwischen 40 und 60 Jahren mass- geblich darüber, mit wie viel «Gesundheitsreserve» wir beim zwei- ten Alterssprung ankommen. Sind es nicht die Experten unserer Branche, die hier die passende Unterstützung bieten können? Viel Inspiration bei der Lektüre von «BEWEGUNGSMEDIZIN» Nr. 26! André Tummer Chefredaktor Editorial Neues aus der Altersforschung Bewegungsmedizin – Nr. 26 / September 2025 5Training mit Diabetes mellitus Fachliche Informationen Bewegungs- und Gesundheitsförderung Bewegungsmedizin – Nr. 26 / September 2025 6Diabetes mellitus (DM) ist eine heimtückische Erkrankung, weil sie sich schleichend und über lange Zeit symptomlos entwi- ckelt. Ist sie einmal manifestiert, sind die Lebenseinschränkungen dramatisch und die Spätkompli- kationen gravierend. Die Daten- bank des Global Burden Disease erstellte u. a. ein Ranking der Er- krankungen, das die Lebensjahre mit körperlichen Einschränkungen (YLD) auflistet. Wie in Abb. 1 zu sehen ist, sprang Diabetes in der Schweiz von Platz 6 im Jahr 2007 auf Platz 3 im Jahr 2017. Auch wenn die Coronapandemie diese Statistik kurzfristig änderte, zeigt sich doch ein paradoxes Bild, wenn man bedenkt, dass die Schweiz gleichzeitig auch zu den Ländern mit der höchsten durchschnittlichen Lebenserwar- tung gehört (Männer 82,1 Jahre, Frauen 85,7 Jahre). Folgerichtig weisen die Autoren Blackburn und Epel in ihrem Buch «Die Ent- schlüsselung des Alterns» auf die Begriffe «Gesundheitsspanne» und «Krankheitsspanne» hin. Die Krankheitsspanne beschreibt die Anzahl der Lebensjahre, in denen Krankheiten die Lebensqualität erheblich einschränken. Zwei Menschen mögen das gleiche Alter erreichen, sich jedoch gerade in der zweiten Lebenshälfte in Be- zug auf die Lebensqualität erheblich voneinander unterscheiden. (Abb. 2) Aus diesem Grund ist die Prävention der Diabeteserkran- kung oberstes Ziel. Am wirksamsten zeigt sich hierbei ein indivi- duell abgestimmtes Coaching für einen gesunden Lebensstil. Es reicht aber nicht aus, sich mit oberflächlichen Aussagen zu be- gnügen. Mitarbeitende in gesundheitsorientierten Unternehmen müssen ein vertieftes Verständnis der Diabeteserkrankung haben, damit betroffene Kundinnen und Kunden das nötige Vertrauen gewinnen und die zuweisende Ärzteschaft sie als kompetente Partner anerkennt. Leider sind wir von dieser Zusammenarbeit noch weit entfernt – doch dazu später mehr. In der Schweiz stieg die Anzahl an Personen, die an Diabetes erkrankt sind, von 4,8 Prozent im Jahr 2017 auf 6,2 Prozent im Jahr 2022. Das sind rund 550 000 Personen, davon sind ungefähr 50 000 Personen von einem Diabetes Typ 1 betroffen. Im Durchschnitt dauert es 7 Jahre, bis ein Diabetes Typ 2 entdeckt wird. Neben dem Typ-1-Diabetes, der meist schon im Kindes- oder Jugendalter auftritt, ist der Typ-2-Diabetes die deutlich häufigere Form. Etwa jeder dritte Betroffene weiss noch gar nicht, dass er an Diabetes erkrankt ist. In der Fachsprache nennt man diese symptomlose Vorstufe Prädiabetes. André Tummer Bewegungsmedizin – Nr. 26 / September 2025 7Fachliche Informationen Bewegungs- und Gesundheitsförderung Abb. 1: Rangliste der gesundheitlichen Einschränkungen in der Schweiz Abb. 2: Diabetes ist in allen Alterssegmenten auf dem Vormarsch. Quelle: BFS – Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) © BFS 2018 Bewegungsmedizin – Nr. 26 / September 2025 8Wie Abb. 2 zeigt, tritt die Erkrankung vermehrt im höheren Alter auf, der Vergleich zwischen den Jahren 2007 und 2017 zeigt jedoch, dass es mit einer Ausnahme in allen Alterssegmenten ei- nen Anstieg gibt. Diabetes mellitus Typ 2 gehört zu den sogenannten NCDs (Non-Communicable Diseases), ist also eine erworbene Erkran- kung. Bewegungsmangel und Überernährung spielen bei der Entwicklung dieser Krankheit wohl die grösste Rolle. Das sind – trotz der Schwere der Erkrankung – positive Nachrichten, denn eine dauerhafte Lebensstiländerung durch mehr Bewe- gung und gesündere Ernährung kann jeder durch eigenes Handeln erreichen. In den letzten Jahren sind vermehrt kontrollierte Studien durchgeführt worden, welche die Tendenz zeigen, dass nicht nur Ausdauertraining, sondern auch Krafttraining risikomindernd wirkt, ja sogar bei bestehendem DM Typ 2 die Langzeit-Blut- zuckerkontrolle positiv beeinflusst. Dies soll in diesem Artikel näher beleuchtet werden. Doch zunächst ist es sinnvoll, das Entstehen der Krankheit sowie deren Symptome und Folgen ge- nauer zu verstehen. Um eventuelle Überlastungssymptome und die damit zusammenhängenden Anpassungen im Training ableiten zu können, ist das Verständnis der bisher erläuterten anatomischen Zusammenhänge unabdingbare Voraussetzung. Medizinische Definition Diabetes mellitus (DM) ist eine chronische Störung des Glukose- stoffwechsels mit erhöhtem Blutzuckerspiegel durch Insulinman- gel oder verminderte Reaktionsfähigkeit des Körpers auf Insulin (Insulinempfindlichkeit). In den Zellen herrscht trotz erhöhtem Blutzuckerspiegel ein Glukosemangel, da nicht ausreichend Glu- kose aus dem Blut in die Zellen aufgenommen werden kann. Einteilung und Krankheitsentstehung Diabetes mellitus Typ 1: Meist erblich bedingter, absoluter Insulin- mangel durch Zerstörung der B-Zellen in der Bauchspeicheldrüse. Diabetes mellitus Typ 2: Durch ständige Überernährung und vor allem übermässige Zufuhr schnell resorbierbarer Kohlenhydrate bei gleichzeitigem Bewegungsmangel steigt zunächst die Insulin- konzentration im Blut (Hyperinsulinismus). Gleichzeitig fällt die Abb. 3: Funktionierender und gestörter Absorbtionsmechanismus Zahl der Insulinrezeptoren an den Zellmembranen. Die Insulin- empfindlichkeit der Zellen sinkt (Insulinresistenz). Die Bauchspei- cheldrüse produziert immer mehr Insulin, bis die Produktion ir- gendwann zum Erliegen kommt. Wie bereits erwähnt, sind in der Schweiz ca. 500 000 Men- schen an Diabetes erkrankt, 90 Prozent davon an DM Typ 2, also etwa 450 000 Personen. 10 Prozent davon sind normalgewichtig (DM Typ 2a), die übrigen 90 Prozent sind übergewichtig (DM Typ 2b). Diabetes Mellitus Typ 3: Darunter werden alle Ursachen der Dia- betes zusammengefasst, die nicht dem Typ 1 bzw. dem Typ 2 zu- geordnet werden können. Beispielsweise kann Diabetes unter anderem auch als Folge anderer schwerer Grunderkrankungen, als Nebenwirkung bestimmter Medikamente oder auch – in selte- nen Fällen – durch eine Virusinfektion ausgelöst werden. Diabetes Mellitus Typ 4: Bei dieser Sonderform, der sogenannten Schwangerschaftsdiabetes, entwickelt sich während der Schwan- gerschaft eine diabetische Stoffwechsellage. Diese manifestiert sich nicht und der Stoffwechsel normalisiert sich nach der Schwangerschaft wieder. normale Absorption der GlukoseInsulinresistenz Absortionsmechanismus wird nicht ausgelöst Insulin aktiviert den Eintritt von Glukose in die Zelle Glukose Insulin Absorbtionsmechanismus 9 Bewegungsmedizin – Nr. 26 / September 2025Next >